SMart – die Genossenschaft für Selbständige – verbindet die Freiheit beruflicher Selbständigkeit mit der Sicherheit einer Festanstellung. Das Beste aus beiden Welten also – mit einem cleveren Modell, das beim ersten Hören paradox klingt.
Bereits Ende 2015 hatte ich ein Nebengewerbe als IT-Dienstleister angemeldet – damals hatte ich noch eine Teilzeitstelle bei einem IT-Systemhaus in meiner Heimatstadt. Für dieses arbeitete ich die meiste Zeit über per Homeoffice – ein tolles Zugeständnis aufgrund siebenhundert Kilometern zwischen alter und neuer Heimat. Im Lauf des vergangenen Jahres bekam ich an meinem neuen Wohnort mehr und mehr Anfragen – nicht durch Werbung für mein Unternehmen, sondern allein durch Empfehlungen. Daraus wuchs mein Vertrauen: das kann klappen mit der Selbständigkeit. Also begann ich mich darauf vorzubereiten, mein bisheriges Kleingewerbe zur Haupteinkommensquelle auszubauen.
Bis dahin hatte mich die (nebenberufliche) Selbständigkeit wenig Aufwand gekostet: eine schlichte Einnahmen-Überschuss-Rechnung einmal jährlich – ansonsten Ruhe vor dem Finanzamt. Jetzt drohte eine komplexe Buchhaltung mit Umsatzsteuer-Voranmeldung und ich-weiß-nicht-was. Mir wurde geraten, mich erst gar nicht selbst daran zu versuchen, sondern eine*n Steuerberater*in zu beauftragen. Das würde natürlich Geld kosten.
Dazu kam der Sockelbetrag für die Krankenversicherung: egal wie gering das Einkommen anfangs oder auch später sein mag: der monatliche Satz liegt mindestens bei 400 Euro. Wenn man also nicht von vornherein vierstellige Umsätze pro Monat macht, kann das einen erheblichen Teil der Einnahmen auffressen. Ich hatte allerdings gar keine Ambitionen, solch hohe Umsätze zu generieren. Ich wollte weiterhin „Teilzeit“ arbeiten (soweit dieser Begriff in der Selbständigkeit Sinn ergibt) und dafür meine laufenden Kosten so niedrig wie möglich halten.
Während ich – noch im alten Jahr – all diese Dinge unter einen Hut zu bringen versuchte, stieß ich auf eine Veranstaltung der European Freelancers Week , bei der die Genossenschaft SMart vorgestellt wurde. SMart unterstützt Freiberufler und Selbständige, die anfangs oder dauerhaft mit überschaubaren Umsätzen rechnen. Das Modell funktioniert folgendermaßen:
Als IT-Dienstleister bringe ich meine Kunden zu SMart mit. Ich betreue diese wie bisher, stelle die Rechnung am Monatsende aber nicht mehr selbst. Stattdessen beauftrage ich SMart, eine Rechnung in meinem Namen zu stellen. Von diesem Geld zieht SMart eine Verwaltungsgebühr von 7% ab, der Rest geht auf mein SMart-internes Konto. Zu Beginn der Kooperation schätze ich ein, wie viel monatlichen Umsatz ich garantieren kann – denn die Verantwortung für den Geldeingang liegt ganz bei mir. Anschließend erhalte ich von SMart einen Arbeitsvertrag. Von meinem internen Konto werden die üblichen Sozialversicherungen bezahlt, den Rest bekomme ich als Gehalt ausbezahlt. Es ist also ein cleverer Mix aus Festanstellung und Selbständigkeit.
Ein wesentlicher Vorteil dieses Modells ist, dass der Sockelbetrag bei der Krankenversicherung entfällt. Je nach gewähltem Umsatz bin ich also deutlich günstiger sozialversichert. Und um meine Buchhaltung muss ich mich auch nicht kümmern – genauso wenig, wie ich es bei einem „echten“ Arbeitgeber müsste. Dazu kommen die typischen Vorteile der Selbständigkeit: ich kann mir meine Kunden aussuchen (ein wichtiges Argument für mich!), kann in weiten Teilen frei über meine Zeit verfügen und bin mein eigener Chef. Solange ich meinen Umsatz liefere, mischt sich SMart nicht ein.
Das ausbezahlte Gehalt orientiert sich am vereinbarten Umsatz und ist immer gleich. In guten Monaten spare ich also Geld auf meinem SMart-internen Konto an. Zu anderen Zeiten kann ich meine Anstellung auch ohne Arbeit in Ruhe weiterlaufen lassen – egal ob ich krank bin oder mir eine Auszeit gönne.
Dieses Modell funktioniert auch für viele andere Berufsgruppen. SMart, das ursprünglich in Belgien gegründet wurde, ist in Deutschland noch jung. 2015 gegründet, betreut es heute gut dreihundert Selbständige aus Dutzenden Berufsgruppen:
Die monatliche Abrechnung ist kein Muss – andere schließen Verträge mit ihren Auftraggebern, die über längere Zeit laufen und fünfstellige Honorare enthalten können. Auch für solche langfristigen Projekte bietet SMart Sicherheit: hat der Auftraggeber zu Beginn das Auftragsformular unterschrieben, zahlt SMart das Gehalt zum vereinbarten Zeitpunkt aus. Sogar, wenn der Kunde – etwa wegen einer Insolvenz – die Rechnung nicht bezahlt. Und wer bisher schon ein Gewerbe angemeldet hatte, kann dieses bestehen lassen und auch weiterhin darüber Leistungen abrechnen. Von diesen Einnahmen gehen keine Verwaltungsgebühr und keine Sozialversicherungsanteile ab – solange dieser Umsatz den bei SMart nicht übersteigt, ist das völlig legal.
Ein weiterer, durchaus noch ausbaufähiger Punkt, den ich an SMart schätze, sind die gelegentlichen Events in Berlin. Bei diesen Gelegenheiten kommen die Genossenschaftsmitglieder zusammen, erfahren Neues aus dem gemeinsamen Unternehmen und können an Impulsvorträgen teilnehmen, etwa zum Vermögensaufbau als Selbständiger. Oft gibt es auch eine offene Bühne, bei der Genossen ihre Dienstleistung oder aktuelle Projekte vorstellen – und natürlich genügend Zeit, um in den Pausen Kontakte zu knüpfen.
Nebenbei setzt sich SMart auch für die Senkung des oben genannten Sockelbetrages ein und arbeitet damit erklärtermaßen „an der eigenen Abschaffung“. Die Genossenschaft soll nicht Selbstzweck sein, sondern bessere Arbeitsbedingungen für Selbständige ermöglichen. Wenn sich die politischen Rahmenbedingungen ändern, könnte eine Mitgliedschaft bei SMart also (finanziell) weniger interessant werden. Gleichzeitig arbeitet SMart intensiv an Mehrwert für die Genossenschaftsmitglieder. Bereits heute gibt es zahlreiche Kooperationen, bei denen SMart-Mitglieder Rabatt auf die Angebote anderer Unternehmen erhalten – zum Beispiel bei Touring Artists, einem Beratungsangebot für international mobile Künstlerinnen und Künstler. Ich rechne also auf absehbare Zeit nicht damit, dass SMart sich abschafft und finde das rundum positiv.
[Nachtrag: Diesen Text hatte ich bereits im Oktober 2018 geschrieben, als es dieses Blog noch gar nicht gab. Daher sind einzelne Dinge nicht mehr aktuell – der Mindestbeitrag zur Krankenversicherung etwa hat sich inzwischen halbiert.]