Transfaradings: weiter im Rumänienabenteuer

Mit dem Mietwagen machen wir uns von Sibiu auf zur nächsten Unterkunft. Der Weg ist das Ziel, nämlich die berühmte Passstraße „Transfăgărășan“, deren Serpentinen so gewunden wie ihr Name unaussprechlich ist. Die Aussicht über das Făgărăș-Gebirge ist tatsächlich atemberaubend, nur leider stehen wir die letzten zwei Kilometer vor dem Gipfel im Stau und fahren nur alle paar Minuten ein paar Meter vorwärts. Auch in Rumänien ist Urlaubszeit, und die Straße ist ein sehr beliebtes Ausflugsziel. Die Straßenränder sind vollgestopft mit wild geparkten Autos sowie Essens- und Souvenirständen mit billigem Nippes, und der Gedanke, dass wir Teil des Problems sind, dämpft meine Freude an dieser Fahrt.

ein kleiner Abschnitt der Transfăgărășan – Klick aufs Bild für größere Darstellung

 

Der von Sibiu abgewandte Teil der Straße ist deutlich ruhiger, trotzdem erwartet uns nach einigen Kilometern noch eine gehörige Überraschung: plötzlich steht ein junger Bär am Straßenrand. Wir halten an, er beäugt uns und trottet dann am Auto vorbei. Kurz zweifle ich, ob es eine gute Idee ist, ihn aus dem offenen Seitenfenster zu fotografieren, aber er scheint keinen Appetit auf Touristen zu haben. Ein magischer Moment… Ganz so wildromantisch ist es dann aber doch nicht: der Bär trägt einen Peilsender am Hals, und in einigen Metern Entfernung steht ein Streifenwagen, der den Bär mit Blaulicht und Hupe von der Straße verscheucht, als die Autoschlange hinter uns zu lang wird.

Schließlich erreichen wir unsere Unterkunft „Nopţi de Vară„. Die Vermieterin begrüßt uns freundlich und fragt (Achtung, Rumänienklischee), ob wir zur Begrüßung einen Likör möchten. Wir nehmen dankend an, noch nicht ahnend, wohin das führen wird. Kurz darauf sitzen wir auf der Terrasse, und sie serviert uns Kirsch- und Heidelbeerlikör sowie Apfelschnaps, „alles selbstgemacht“, wie sie versichert.

Selbstgemachter Likör und Schnaps zur Begrüßung. Wir belassen es bei den kleinen Gläsern.

Dazu verspricht sie „noch ein paar Kleinigkeiten“ und reicht wenig später einen reichlich vollen Teller mit Gemüse, Fleisch und Käse nach, ebenfalls alles selbstgemacht. Wir kommen ins Gespräch, erfahren ein wenig aus ihrem Leben und spüren nach der anstrengenden Fahrt die Lebensgeister zurückkehren. Was für ein Unterschied zur vorigen Unterkunft in Budapest, wo uns der Hotelportier beim Auschecken nur ein zerstreutes „Bis später“ hinterherbrummelte.

Tags darauf starten wir zu einem Tagesausflug entlang einiger Wasserfälle (Valea lui Stan).  Die Route ist traumhaft schön, gut dokumentiert und an kniffligen Stellen mit Leitern, Tritten und Halteseilen gesichert. Vorab rätseln wir, wie lange wir unterwegs sein werden – manche Webseiten sprechen von dreieinhalb, andere von fünf Stunden. Wir werden schließlich über sechs unterwegs sein – allerdings inklusive langer Pausen und Baden im Stausee. Auch diese Route ist ein beliebtes Ausflugsziel, und mit uns sind einige rumänische Familien unterwegs. Leider ist der Weg praktisch durchgehend von Müll und Taschentüchern gesäumt. So erfreulich es ist, dass die Rumänen ihr eigenes Land erkunden – so überschaubar scheint ihr Umweltbewusstsein zu sein.

Während wir an einem Stausee rasten, quält sich ein uralter Holztransporter an uns vorbei. Er hat mächtige Stämme geladen, die A.s Aufmerksamkeit wecken. Wir recherchieren und stoßen auf Berichte über massiven illegalen Holzeinschlag in Rumänien. Zwischen Januar und August sollen dort geschätzt 19 Millionen Bäume illegal gerodet worden sein.

Auf der Rückfahrt ist die Transfăgărășan deutlich leerer – trotzdem braucht es viel Aufmerksamkeit. Immer wieder parken Autos mitten auf der Fahrbahn – der Warnblinker scheint als Legitimation für eine kurze Fotopause auszureichen. Auf dem letzten Stück nehmen wir einen Wanderer mit, der uns erzählt, dass er immer wieder mit Rucksack und Zelt durch Rumänien – sein Heimatland – reist. Wir unterhalten uns angeregt über deutsche und rumänische Eigenheiten, und beim Abschied an einer Tankstelle gibt er uns einen Kaffee aus und schenkt uns eine seiner Landkarten.

Auf einen Tipp von Freunden machen wir uns auf Richtung Stejărișu. Erfreut über die geschenkte Karte legen wir das Navigationsgerät beiseite und versuchen, uns mit Hilfe der Landkarte zu orientieren. Nachdem wir mehrfach an unbeschrifteten Kreuzungen stranden, nehmen wir doch den Kompass, später auch Google Maps zur Hilfe. Trotzdem irren wir eine ganze Weile herum, weil es manche Straßen nur auf der Karte, andere nur in der Realität zu geben scheint.

In Stejărișu landen wir bei Julius, einem jungen Mann, der dort ein verlassenes Pfarrhaus neu belebt. Mit der Hilfe von Einheimischen hat er das Haus zu einer einfachen Herberge mit Gaststätte umgebaut. Auch der Vertrieb regionaler Bio-Lebensmittel und das Vermitteln authentischer Begegnung mit Einheimischen ist Teil des Konzepts. Wir fühlen uns sofort wie zu Hause und sind einmal mehr froh über einen solchen Geheimtipp.

Weiter im Rumänienabenteuer hier: Holzstock-Festival, Filterblasen und waghalsige Bergtouren

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