Android und Datenschutz schließen sich gegenseitig aus? Stimmt nicht ganz. Mit freier Software aus einem alternativen App-Store lässt sich da einiges machen – ganz ohne umfangreiche Technikkenntnisse.
Datenschutz und Transparenz sind etwas, wo freie Software punkten kann. Selbst wenn ich selbst nicht die Kenntnisse habe, um im Programmcode nachzuschauen, was mit meinen Daten geschieht, so kann ich doch darauf vertrauen, dass andere das getan haben. Daher frage ich, wenn ich nach einer App suche, immer erst mal: „Gibt’s da auch eine freie Alternative?“ Und werde erfreulich oft fündig.
F-Droid
Der erste Schritt, um sich mit freier Software für Android zu befassen, ist die Installation von F-Droid – einem Marktplatz wie „Google Play“ – nur eben ausschließlich mit freier Software. Das ist mit wenigen Klicks erledigt, und anschließend kann man dort wie gewohnt nach App-Namen oder Stichworten suchen. Tiefere Eingriffe ins Smartphone – etwa Rooten – sind nicht nötig.
AntennaPod
Was ich an Podcasts schätze, ist einen eigenen Blogartikel wert. Hier nur zur Technik: Nach ersten Versuchen mit EscapePod bin ich auf den deutlich vielseitigeren AntennaPod umgestiegen. Dort kann ich Folgen wahlweise spontan hören (wenn ich gerade eine Internetverbindung habe), oder sie stattdessen herunterladen und später unterwegs hören.
Nachtrag 29.11.2020: Richtig angenehm machen die Nutzung kleine Details. Wenn ich die Wiedergabe nach einer Unterbrechung fortsetze, spult AntennaPod ein kleines Stück zurück. Auf einer Zugreise kommt das häufig vor: bei der Ticketkontrolle, einer Durchsage oder einem Umstieg. Das Zurückspulen erleichtert es enorm, den Faden wieder aufzunehmen. Vor einer Weile fiel mir auf, dass die Anzahl der Sekunden, die zurückgespult wird, sogar von der Länge der Unterbrechung abhängt. Das fand ich ein faszinierendes Feature, und habe mich sehr gefreut, als ich meine Wahrnehmung „hinter den Kulissen“ bestätigt fand. Auf GitHub gibt es einen feature request zu diesem Thema, in dem Nutzer*innen und Entwickler*innen ausgiebig über mögliche Details einer solchen Funktion diskutieren. Drei Monate später findet sich denn auch die Nachricht, dass die Funktion integriert wurde – mit nicht weniger als vier unterschiedlichen Rückspul-Zeitspannen, abhängig von der Länge der vorausgegangenen Unterbrechung. An der Stelle feiere ich mal wieder freie Software – wo sonst bekommt man so tiefen Einblick in winzige Details von Softwareentwicklung? Und wo sonst kann man sogar mitdiskutieren?
FairEmail
Das ist so ein klassischer Fall von „Wozu brauche ich das? Mein Telefon hat doch schon einen Mailclient eingebaut.“ Und dann habe ich FairEmail getestet und gemerkt, was mir da gefehlt hat. Vor allem schätze ich den konsequenten Schutz meiner Privatsphäre: Tracking-Bilder in Mails werden blockiert und bei Links, die ich anklicke, wird mir zunächst die URL angezeigt, so dass ich überprüfen kann, ob ich da wirklich die erwartete Seite aufrufe. Dazu kommt die bequeme Handhabung mehrerer Mailpostfächer, das Markieren von Mails für die spätere Weiterverarbeitung auf einem anderen Endgerät, die PGP-Unterstützung und manches mehr.
KeePassDX
KeePass ist ein Passwortsafe, mit dem sich Zugangsdaten verschlüsselt speichern lassen. Da ich auch auf meinem PC KeePass nutze, habe ich mit KeePass DX auch unterwegs Zugriff auf die (regelmäßig aufs Smartphone synchronisierten) .kdbx-Dateien.
Öffi
Öffi ist der selbsternannte „König im Fahrplandschungel“ und stellt Bahn- und Busverbindungen grafisch dermaßen intuitiv dar, dass ich nur schwer verstehen kann, wie man nicht verstehen kann, wie toll das ist. Nach Eingabe von Start- und Zielort sowie gewünschter Abfahrtszeit erhalte ich eine Grafik, aus der ich auf einen Blick lesen kann, mit welcher Verbindung ich kürzer oder länger unterwegs bin, bei welcher unterwegs lange Wartezeiten (oder sehr knappe Umstiege) drohen. So ist die Entscheidung zwischen langer Fahrt mit wenigen Umstiegen entgegen der umgekehrten Variante wesentlich eingängiger als bei einer rein textbasierten Darstellung. Auch das Suchen nach früheren oder späteren Verbindungen geht extrem einfach durch Verschieben der dargestellten Verbindungen nach links oder rechts.
Vanilla Music
Vanilla Music ist ein Musikplayer mit ein paar kleinen, feinen Besonderheiten. Gerne nutze ich z.B. die Möglichkeit, die Wiedergabe nach Ende des aktuellen Songs zu beenden. Das ist sinnvoll, wenn ich ein einzelnes Musikstück über eine Beschallungsanlage abspiele und nicht nach Ende des Titels versehentlich die ersten Sekunden des darauffolgenden wiedergeben möchte.
Richtig begeistert hat mich neben solchen Kleinigkeiten allerdings das Plugin Vanilla Lyrics Search, das es ebenfalls im F-Droid-Store gibt. Damit kann ich während der Wiedergabe den Songtext des Titels abrufen – sofern verfügbar.
Your local weather
Your local weather ist ganz klar eine Wetter-App für Nerds. Sie zeigt Temperatur, Regen und weitere Parameter in Diagrammen, die sich auch beliebig überlagern lassen. Für mich ist das die intuitivste Art, diese Daten darzustellen. Etwas ärgerlich ist lediglich, dass sich maximal zwei Orte speichern lassen.
Fennec F-Droid
Mein Alltags-Browser Opera ist leider keine freie Software. Ich nutze ihn trotzdem sehr gern. Eines kann er allerdings nicht: Videokonferenzen mit BigBlueButton. Mit dem Firefox-Klon Fennec klappt das einwandfrei – egal, ob ich gerade neben dem PC einen zweiten Testclient brauche, oder ob ich mich unterwegs ohne Notebook in eine Konferenz einschalten möchte.
Meditation Assistant
Ein umfangreich konfigurierbarer Meditationstimer – das darf in „meinen Kreisen“ natürlich nicht fehlen. Die mitgelieferten Gong-Sounds des Meditation Assistant sind nicht so überzeugend, ich habe sie durch Klänge von freesound.org ersetzt:
OsmAnd
OsmAnd (OpenStreetMap for Android) ist eine mächtige Alternative zu Google Maps, mit stellenweise irrwitziger Detailgenauigkeit. Es ist allerdings auch ein Beispiel für Grauzonen in F-Droid: die App wird als Anwendung „mit unerwünschten Merkmalen“ ausgewiesen. Darunter fällt beispielsweise das Bewerben nicht-quelloffener Erweiterungen. An der Stelle bin ich dankbar, dass F-Droid ein Auge zudrückt und es mir überlässt, vor der Installation eine informierte Entscheidung zu treffen.
SIP Switch
Keine App, sondern genau genommen nur ein Widget, das eine vorhandene Funktion freischaltet: SIP Switch ermöglicht mir, den Android-eigenen SIP-Telefoniesupport zu konfigurieren. Damit kann ich mein Smartphone mit einer Cloud-Telefonanlage oder auch einer Telefonanlage im internen Netz verbinden und bin anschließend unter einer Festnetzrufnummer erreichbar. Das hat den Vorteil, dass ich bei schlechter Mobilfunkverbindung auch via WLAN telefonieren kann. Bei ausgehenden Anrufen kann ich wählen, ob ich den Anruf via Mobilfunk oder über die SIP-Verbindung abwickeln möchte. Sehr nützlich für Tests – aber auch, um unterwegs Telefonkosten zu sparen.
…und so weiter.
Zu guter Letzt noch eine unvollständige Liste unspektakulärer, datenschutzfreundlicher Alternativen zum Android-Standard: NewPipe statt YouTube, VLC anstelle des eingebauten Videoplayers, LibreOffice Viewer statt Google Docs, Schlichte Galerie Pro anstelle Google Foto…
Fazit
Im Alltag nutze ich immer noch eine Menge proprietärer oder Android-eigener Apps. Auch da gibt es Alternativen, die aber ungleich schwieriger einzusetzen sind oder neue Probleme aufwerfen. Vorhandene Apps durch freie Alternativen aus F-Droid zu ersetzen ist dagegen eine Maßnahme, die extrem wenig Fachkenntnis, Umgewöhnung und Zeit kostet, und die ich daher wärmstens als ersten Schritt auf dem Weg zur Hoheit über die eigenen Daten empfehlen kann.
weiterer Nachtrag 29.11.2020: Auf nomoregoogle gibt es eine Übersicht von Alternativen zu Google-Apps. Die Liste ist mit Vorsicht zu genießen: wer Google Hangouts aus Sorge um seine Privatsphäre durch Zoom ersetzt, dem kann ich auch nicht helfen… Aber einige interessante Alternativen hält die Seite dennoch bereit.
Eine Antwort auf „Meine Lieblings-Apps für Android (na so was – ausnahmslos freie Software!)“
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