Laktase in gut

Gibt es Laktasetabletten auch als Nachfüllpackung? So dass man nicht jedes Mal aufs Neue einen Plastikspender mitkauft? Eine Recherche mit überraschendem Ausgang.

Ich vertrage keine Laktose, schon seit vielen Jahren. Das ist dank Laktasetabletten kein großes Problem. Wobei, oft sage ich, wenn ich darauf angesprochen werde: „Kein Problem, wenn Milch drin ist – ich nehme eine Tablette, und meistens wirken die sogar.“ Denn so ist leider meine Erfahrung: hundertprozentig verlassen kann man sich nicht darauf, dass der Bauch anschließend ruhig bleibt.

Weil es in diesem Blog ja um Weltretten geht, und weil ich inzwischen viele Laktasetablettenspender besitze, habe ich recherchiert, ob es nicht auch große Nachfüllpackungen gibt, mit denen ich die Spender wiederbefüllen kann. Auf die erhoffte Großpackung bin ich dabei nicht gestoßen, dafür habe ich – viel besser – die Laktasekampagne entdeckt. Der Name geht zurück auf die Teekampagne, die über sich selbst schreibt:

Seit 1985 zeigt die Teekampagne, dass ein vorteilhafter Handel für Verbraucher und Produzenten gleichermaßen möglich ist. Dies erreichen wir durch konsequente Beschränkung unseres Sortiments. Bei uns finden Sie nur wenige Sorten Tee, dafür aber in höchster Qualität. Und nur in Großpackungen. Kein Zwischenhandel. Wir sparen Material, Lagerkosten und Wege, um Ihnen feinen Tee zu einem ungewöhnlich günstigen Preis anbieten zu können.

Und ganz ähnlich verhält es sich bei der Laktasekampagne. Diese ist ein Leipziger Ein-Mensch-Unternehmen, das Laktasetabletten – in deren Sprech „Millis“ – selbst von Hand produziert und direkt vertreibt. Das ist mir von vornherein schon mal sympathisch, weil da wieder ein bisschen weniger Geld an Pharmakonzerne fließt, und weil ich zum Kauf nicht mehr in die Apotheke muss – schließlich bin ich nicht krank (Okay, zwischenzeitlich gibt es die Tabletten auch in Drogerien…).

Gut gefallen hat mir auch die persönliche Ansprache, die Nahbarkeit und Transparenz. Auf der Homepage erfahre ich ausführlich über die Impulse zur Kampagnen-Gründung, erhalte Praxistipps zur Dosierung und extrem detaillierte Hintergrundinformationen zur Wirkung des Präparats. Nebenbei kritisiert der Gründer Martin Lipsdorf – ganz entgegen kapitalistischer Marktlogik – sogar den Trend zu immer höheren Dosierungen. Diese dienten hauptsächlich der Umsatzsteigerung oder dem Verschleiern minderer Qualität und schüfen ein trügerisches Sicherheitsgefühl, ohne einen praktischen Mehrwert zu bringen.

Die Laktasekampagne informiert auch detailliert über die Inhaltsstoffe der Millis: neben dem Laktaseenzym sind das Kakaobutter aus einem peruanischen Bauernkollektiv und Reissirup von der Naturkornmühle Werz. Wenn man das liest, muss man sich fast verkneifen, die Millis selbst als Süßigkeit zu vernaschen…

Also habe ich bestellt, und war wirklich baff, als ich wenige Tage später das Päckchen öffnete:

Offensichtlich wurde mein Auftrag als Erstbestellung registriert, und im Karton war weit mehr als die bestellten 100 Millis: eine Blechdose zur Aufbewahrung sowie eine zweite, kleinere für unterwegs. Dazu ein selbst produziertes Handbuch, ein Beutel Tee „fürs Bauchgefühl“ sowie eine persönliche Grußkarte. Wow.

Das fünfzigseitige Büchlein endet mit der Einladung Lipsdorfs „keine Nummer zu sein“, und diese durchweg persönliche, latent gefühlige Ansprache – etwa durch Einblenden eines Dank-Videos nach Abschluss der Bestellung – war mir stellenweise fast zu viel. Aber weil es sich mehr nach Marotte als nach kühl kalkuliertem Marketingsprech anfühlt, soll es recht sein.

Einen Aspekt habe ich bei aller Aufklärung vermisst: die kritische Auseinandersetzung mit Milchkonsum. Ich erinnere mich gut an meinen damaligen Hausarzt, der – als meine Laktaseintoleranz diagnostiziert wurde – sagte: „Wir sollten nicht fragen, warum Sie keine Laktose vertragen, sondern warum andere sie vertragen.“ Denn der eigentliche Normalzustand sei die Laktoseintoleranz im Erwachsenenalter. Weil Kinder die in der Milch enthaltenen Nährstoffe brauchen, Erwachsene aber nicht mehr. Dass wir sie trotzdem weiter konsumieren, ist kulturell tief verankert, aber darf getrost hinterfragt werden – nicht zuletzt wegen der krassen „Nebenwirkungen“ für die Umwelt (die beispielsweise im Film Das System Milch großartig aufgeblättert werden).

Andererseits wünsche ich mir, dass die logische Konsequenz – der Verzicht auf Milchprodukte – nicht dogmatisch ausgelegt wird. „Wenn du keine Milch verträgst, ernähr‘ dich halt vegan, anstatt zur Kompensation Chemie zu schlucken“ – das wurde mir auch schon entgegengeschleudert. Stimme ich grundsätzlich zu, aber bei einer gemeinsamen Mahlzeit im Freundeskreis nicht verzichten zu müssen, hat halt auch was mit sozialer Teilhabe zu tun. Von daher reflektiere ich meinen Konsum von Milchprodukten laufend kritisch, probiere immer wieder neugierig Alternativen aus (wie etwa die Havelmi***, die unsere Großküche seit Kurzem anbietet – noch so ein spannendes Unternehmen!)… Und beschimpfe aber auch niemanden wüst, der mir in guter Absicht eine Milchschokolade schenkt, sondern freue mich an der Geste und nehme dann halt Laktasetabletten dazu. Beziehungsweise künftig: Millis!

P.S. Auch dieser Beitrag ist nicht gesponsort.

Eine Antwort auf „Laktase in gut“

  1. Danke L.! Ich habe gleich ein Paket für meinen Sohn bestellt. So kann ich Pillen inklusive Kreativität und Werte versenden – wer hätte das gedacht.

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