📖 Kinder machen – Neue Reproduktionstechnologien und die Ordnung der Familie (Andreas Bernard)
Dieses Buch hat mich gefesselt. Bernard beschreibt umfassend, lehrreich und unterhaltsam die Entwicklung der Reproduktionsmedizin in den vergangenen Jahrhunderten und ordnet die Schritte kulturgeschichtlich ein. Eigentlich wollte ich nur ein paar Kapitel lesen, die mich konkret interessieren, habe dann aber doch das gesamte Buch verschlungen.
🎬 Baby To Go
Genau mein Humor: auf dem Weg zum Kinderwunschzentrum noch eben ins Kino, „Baby To Go“ schauen.
Der Film ist im Grunde die konsequente Fortschreibung des zuvor genannten Buchs: in einer fernen (?) Zukunft ist das Zeugen von Nachwuchs vollends an die Technik delegiert. Der Fötus wird in einer eiförmigen, künstlichen Gebärmutter ausgetragen, die Frau kann ungestört weiter ihrer Karriere nachgehen, und wenn es so weit ist, holt man das fertige Kind ganz unkompliziert im Kinderwunschzentrum ab. Wenn da nicht der Partner wäre, der das gemeinsame Kind – unfassbar altmodisch – lieber „auf natürlichem Weg“ bekommen möchte.
🎵 Ich fühl’s nicht
Ein fünfteiliges Hörspiel auf Basis der gleichnamigen Graphic Novel von Liv Strömquist. Strömquists Bücher sind unglaublich lustig und lehrreich, und diese Hörspielfassung steht dem in nichts nach. In kleinen Episoden erzählt Strömquist, wie sich die Erwartungen an „die Liebe“ in den vergangenen Jahrhunderten verändert haben. Und erklärt in der letzten Folge auch, warum sie endet und wie man das verhindert. Empfehlung!
📖 Der Verriss (Yelmo Schütz)
Mein Vater hat wieder (unter Pseudonym) ein Buch geschrieben, und nach etwas Eingewöhnung in die teil-autobiographische Handlung habe ich auch dieses verschlungen. Weniger weil es literarisch dermaßen ausgefeilt wäre, sondern eher, weil es mich zu einer biographischen Schnitzeljagd eingeladen hat: welchen der Charakterzüge der Hauptfigur erkenne ich bei ihm (und mir!) wieder? So lerne ich über diesen Umweg meinen Vater und auch mich selbst ein wenig besser kennen.
🎬 Endzeit
Uff, ein heftiger Film. Zwar ökofeministische Zombie-Apokalypse irgendwo zwischen Weimar und Jena. Aber halt immer noch Zombie-Apokalypse. Für halbwegs robust besaitete Menschen durchaus lohnende, anspruchsvolle Unterhaltung.
📖 Georgs Sorgen um die Vergangenheit oder Im Reich des Heiligen Hodensack-Bimbams von Prag (Jan Faktor)
Wow, ein köstlicher erotischer Entwicklungsroman. Jan Faktor – sehr zu empfehlen.
📖 Babys machen (Laurie Penny)
Von Penny wollte ich schon lange mal was lesen – dass es ausgerechnet „Babys machen“ wurde, war eher Zufall. Es ist kein Sachbuch, sondern eher eine Sammlung moderner Märchen mit einem queeren Twist. Die Geschichten spielen meist in einer Zukunft, in der Rollenklischees oder Geschlechterstereotypen aufgelöst sind – ein unterhaltsamer Blick in eine mögliche Zukunft.
🎬 The Zone of Interest
Familie Höß führt ein bieder-beschauliches Leben neben dem KZ Auschwitz. Er als KZ-Kommandant, seine Frau pflegt derweil den Garten. Was hinter der Mauer geschieht, scheint sie nicht zu berühren.
Sehr gehypt während Berlinale und Oscars, fand ich den Film merkwürdig unspektakulär. Aber vielleicht ist ja genau das das Beunruhigende: wie unspektakulär bürgerliches Leben und unaussprechliches Leid in dieser Zeit nebeneinander existieren konnten.
🎬 Kleines Mädchen
Sasha steckt in einem Jungs-Körper, hat aber schon seit sie drei, vier Jahre alt ist keinen sehnlicheren Wunsch, als ein Mädchen zu sein. Sashas Mutter wünschte sich während der Schwangerschaft so sehr ein Mädchen, wählte unbewusst sogar einen gender-neutralen Namen und macht sich nun bittere Vorwürfe, ob ihr Wunsch diesen ganzen Schlamassel ausgelöst hat.
Die Dokumentation begleitet Sashas Familie sehr einfühlsam durch diese Wirren – nur das Bashing von Sashas Lehrer*innen und Schulleiter (die nicht zu Wort kommen), fand ich unangenehm einseitig. Wenn man will, kann man den Fall als Beleg sehen, dass Trans-Identität keine Mode ist, die durch fehlgeleiteten Sexualunterricht angestachelt wird. Andererseits: wer so was glaubt, schaut solche Filme nicht. Schade.
🎬 Aus meiner Haut
Ein ganz anderes Gedankenspiel: was wäre, wenn ich mit jemandem den Körper tauschen könnte? Als Mann also in den Körper einer Frau schlüpfen und umgekehrt? Welche Intimität in einer Paarbeziehung könnte entstehen, wenn man den anderen tief versteht, weil man buchstäblich eine Weile in seiner*ihrer Haut gesteckt hat? Und: welchen Teil meines „Ich“ nehme ich eigentlich mit, welcher bleibt als Teil meines Körpers zurück?
Auf Einladung ihrer Jugendfreundin Stella reisen Leyla und ihr Partner Tristan auf eine einsame Insel. Bei einem festlichen Abendessen treffen sie auf Fabienne und Mo. Gemeinsam begehen sie das Körpertauschritual und erfahren, wie sich dadurch ihre Wahrnehmungen und damit auch ihr Verhalten, ihr Verlangen und ihre Beziehungen verändern. Leyla fühlt sich erlöst und erfüllt von einem völlig neuen Lebensgefühl. Als sie sich weigert, zu ihrem alten „Ich“ zurückzukehren, gerät die Situation außer Kontrolle…
Quelle: koki-es.de
🎬 Red Cunt
Toti Baches wollte den gesellschaftlichen Tabus rund um die Menstruation etwas entgegensetzen und ihrer Tochter einen positiveren Blick darauf anbieten – so ist dieser Film entstanden. Das gelingt durch Interviews mit verschiedensten Menschen, etwa der Wrestlerin „Thundercunt“ oder Laura Méritt, die regelmäßig „Vulva-Watching“ organisiert.
🎬 Holy Shit
Was geschieht mit der verdauten Nahrung, nachdem sie unseren Körper verlassen hat? Ist es Abfall, der weggeworfen wird oder eine Ressource, die wiederverwendet werden kann? Der Regisseur Rubén Abruña begibt sich auf eine investigative und unterhaltsame Suche durch 16 Städte auf vier Kontinenten.
🎬 Herzensbrecher
Marie und Francis – beste Freunde – verlieben sich in den selben Mann. Das führt zu einer ziemlichen Gefühls-Achterbahn im Kampf um die Gunst des betörenden Nicolas. Ein wunderschöner Liebesfilm abseits der üblichen Mann-trifft-Frau-Erzählstränge.
🎬 Je suis Karl
Puh, heftig. Auf Maxis Familie wird ein Bombenattentat verübt, nachdem ihr Vater einem Flüchtenden illegal über die Grenze geholfen hat. In den Wirren nach dem Anschlag rutscht Maxi in ein rechtsextremistisches Milieu ab, das sie und den vorgeblich islamistischen Terroranschlag für ihre Zwecke instrumentalisiert. Um die Bewegung voranzubringen, erklärt sich Karl bereit, sich von seinen eigenen Leuten töten zu lassen. Dieser weitere vorgebliche Terrorfall macht den Weg frei für die Machtübernahme eines rechten Mobs.
📖 Beautiful world, where are you? (Sally Rooney)
Bücher, in denen Menschen einander Waschbärenvideos zeigen? Oh jaa!
Ansonsten erinnerte mich manches an das Buch, das ich zuvor von Rooney gelesen hatte: auch hier verpassen sich zwei Menschen immer wieder haarscharf und werden sich ewig nicht einig, ob sie nun ein Paar oder doch nur Freunde sein wollen.
🎸 Ensemble Ambidexter
Konzert des Jahres! Bei meinem Städtetrip nach Jena spielt dort das Leipziger Ensemble Ambidexter. Der Name steht für Menschen, die links- gleichermaßen wie rechtshändig begabt sind. Ebenso sieht sich das Ensemble, das aus je vier klassischen und vier Jazz-Musikern besteht, in beiden Musik-Welten zu Hause.
Mir kamen direkt bei den ersten Takten die Tränen, so berührend war das Gesamterlebnis aus Livemusik und Location. Ich musste gleich ans Podium Festival denken, wo ebenfalls junge Musiker*innen Klassik ganz neu interpretieren.
Das Konzert war unglaublich intim – ich saß gerade mal zwei Meter von den Musiker*innen entfernt. Auch die Location – das alte Trafohaus – trug dazu bei. Nach dem letzten Stück verschwanden die Musiker*innen hinter einer Glaswand, so dass das Publikum sehen konnte, wie sie einander erleichtert in den Arm nahmen, während wir weiter und weiter applaudierten.
📖 Arbeit am Text (Iuditha Balint)
„Die deutschsprachige Literatur interessiert sich nicht für die Arbeitswelt […]“. Und ist Schriftstellerei überhaupt Arbeit?
In diesem Büchlein schreibt auch Kathrin Passig über ihr Verhältnis zu Arbeit (oder der enormen Produktivität an anderer Stelle, während man sie aufschiebt). Im Vermeiden „eigentlicher“ Arbeit entstehen dann etwa die entzückenden Projekte Zufallsshirt und Techniktagebuch. Weitermachen, egal womit!
🎬 Showing up
Ganz verwandt zum zuvor genannten Buch: womit beschäftigen sich eigentlich Künstler*innen den lieben langen Tag, während sie eigentlich Kunst machen wollen? Der Film begleitet mit leisem Humor Lizzy (Michelle Williams) bei ihren vergeblichen Versuchen, sich auf ihre künstlerische Arbeit zu konzentrieren.
🎬 Rückenwind von vorn
Ist Erwachsenwerden einfach – und ist Erwachsensein schwer? Die Berlinerin Charlie findet es verdammt schwer, die Erwartungen ihres Umfelds und ihre eigenen auseinanderzuhalten.
Die Hauptdarstellerin hatte ich schon in Vamos a la Playa gesehen. Der Film ist gedreht nach dem Sehr gute Filme Manifest und hatte kein starres Drehbuch – ein Großteil der Dialoge ist improvisiert. Das ist ein großer Gewinn und manchmal erdrückend nah – etwa wenn die Protagonist*innen es nicht schaffen, ihre Konflikte auszutragen oder zum Ausdruck zu bringen, was sie eigentlich wollen… vom anderen, vom Leben und überhaupt.
🎬 Blackberry – Klick einer Generation
Ein Doku-Spielfilm über den Aufstieg und Fall von Research in Motion – den Erfinder des Blackberry-Smartphones. Nerd-Pflichtprogramm, zumal ich die Geräte über viele Jahre genutzt habe. Zum Ende des Films erscheint es einem als wirklich absurd großer Fehler der Menschheit, dass sich Smartphones ohne Tasten durchgesetzt haben. Na ja, wer weiß, was wir in zwanzig Jahren darüber denken.
🎸 Belle & Sebastian
Belle & Sebastian in Berlin – herrlich! Darauf habe ich lange gewartet. Acht oder neun Musiker mit unzähligen Instrumenten auf der Bühne untermalt von putzigen Videoschnipseln auf der Leinwand – ein großes Vergnügen.
📖 Ché und andere Helden (Cordt Schnibben)
Schnibben schreibt herrliche Reportagen – einfühlsam und frech zugleich. Das Buch versammelt Geschichten verschiedenster großer und kleiner Helden und immer wider überraschende Blicke in die Alltags-Banalitäten des Heldenlebens.
🎬 Sterben
Ui! Brachiale 181 Minuten Kino ohne Pause! An den Inhalt erinnere ich mich Monate später, als ich dies schreibe, zunächst kaum mehr. Aber oh, Robert Gwisdek spielt mit! Folglich Schau-Empfehlung.
📖 Vorn (Andreas Bernard)
Bernard (ja, das war der weiter oben mit den Reproduktionstechniken) schreibt hier einen Roman über einen jungen Kerl, der sich seine ersten journalistischen Sporen beim Jugendmagazin einer „großen süddeutschen Tageszeitung“ verdient. Das Magazin heißt „Vorn“, und nach wenigen Buchstaben wird klar, dass es sich tatsächlich um das Jetzt-Magazin handelt, das bis 2002 der Süddeutschen Zeitung beilag – und die Handlung mindestens autobiografische Spuren aufweist. Das Buch ist nicht der Knaller, aber lässt mich noch mal wehmütig zurückdenken an die Zeit der wöchentlich veröffentlichten „Lebenswert-Listen“, die für mich und eine ganze Generation so lebensgefühl-prägend waren.
🎬 Barbie
Wie schon bei Poor Things lese ich über manche Filme vorab so viel Kontroverses, dass ich den Film irgendwann eigentlich gar nicht mehr sehen muss. Und dann sind wir sommerurlaubend auf diesem französischen Campingplatz, und sie zeigen Barbie. Französisch, mit englischen Untertiteln. Da kann man nicht widerstehen.
🎬 Wer wir waren
Eine anregende Doku mit sechs ganz unterschiedlichen Menschen, die der Frage nachgehen, wie Menschen in der Zukunft wohl auf unsere Generation zurückblicken werden, auf unser zögerliches Handeln angesichts verschiedenster globaler Probleme. Berührend insbesondere der Blick auf die westliche Welt von Felwine Sarr – Ökonom, Soziologe und Philosoph aus dem Senegal.
📖 Schäfchen im Trockenen (Anke Stelling)
Wow, Kandidat zum Buch des Jahres. Resi ist Teil einer Freundesclique, die in Berlin gemeinschaftlich ein Haus baut, das sie mit ihren Familien bewohnen wollen. Ab einem bestimmten Punkt fällt sie raus. Sie war zwar – oberflächlich gleichberechtigt – mit den Freunden auf die selbe Schule gegangen, stammt aber aus einem wesentlich weniger wohlhabenden Umfeld. So kann sie sich die Genossenschaftsanteile nicht leisten und verweigert auch trotzig, dass Freunde ihr diese leihen, weil sie nicht als Feigenblatt für die Homogenität der Baugruppe herhalten will.
Ein schonungsloses Buch darüber, wie undurchdringlich gesellschaftliche Schichten weiterhin sind, und wie Freundschaften an unterschiedlichen finanziellen Möglichkeiten zerbrechen können.
🎬 Vergiss Meyn Nicht
2018 besetzten Klimaaktivist*innen mit Leib und Seele den Hambacher Wald, der rasch zum Symbol des Widerstands gegen Politik und Wirtschaft wurde. Als die Polizei den Wald räumte, verunglückte ein junger Filmstudent tödlich: Steffen Meyn. Mit journalistischer Absicht hatte er die Protestaktion samt 360° Kamera begleitet – solidarisch, aber keinesfalls unkritisch! Aus seinen hinterlassenen Aufnahmen setzt sich dieser außergewöhnliche Dokumentarfilm zusammen. Er liefert nie gesehene Bilder und unmittelbare Einblicke in eine Protestbewegung, die um ihre Haltung und geeignete Mittel ringt. Wie weit kann und darf Aktivismus gehen? „Vergiss Meyn nicht“ stellt genau diese Frage, die angesichts blockierter Straßen und Razzien brennender denn je ist! (Quelle: www.wfilm.de)
🎬 Traumtaucher
Habe ich schon „Film des Jahres“ gesagt? Nein? Film des Jahres!
Theateringenieur Elias und Seenotretter Nico bauen in ihrer Freizeit ein voll funktionsfähiges Steampunk-U-Boot. Auf dem Chaos Communication Congress 2023 haben sie dazu einen sehr kurzweiligen Vortrag gehalten.
Elias fragt sich selbst: Gibt es eine Entscheidung zwischen Selbstverwirklichung und selbstlosem Handeln? Wovon hängt die Verantwortung gegenüber dem Einzelnen oder der Gesellschaft ab?
🎬 The Village of Lovers
Eine Doku über unsere Schwestergemeinschaft, das Heilungsbiotop Tamera. Unkonventionelle Beziehungsmodelle wie Co-Parenting werden ziemlich berührend dargestellt. Und ziemlich idealisiert – von Konflikten ist kaum die Rede. Aber hey, es geht um die große Vision – da ist das zu verschmerzen.
🎬 Broke. Alone. A kinky love story
Leichte Kost im Kino. Die Hauptdarstellerin muss feststellen, dass ihr Partner sein Geld auf Camgirl-Seiten verprasst hat, anstatt damit die Miete der gemeinsamen Wohnung zu bezahlen. Nachdem sie ihren Partner vor die Tür gesetzt hat, meldet sie sich selbst auf der Webseite an, um die Mietschulden aufzubringen. Die Männer dort müssen sich allerdings auf unbequeme Fragen einstellen: warum sie solche Seiten aufsuchen, ob sie überhaupt schon mal eine Freundin hatten… Die Videosessions geraten immer mehr zu unkonventionellem Beziehungs-Coaching, und zum Schluss gibt’s nach äußerst ausgiebigen Reue-Bekundungen sogar ein Happy End mit dem Ex-Partner.
🎬 Wir werden alle sterben
Frisch von der Filmkunstmesse Leipzig: eine ziemlich lustige Doku über Menschen, die sich mit unterschiedlichsten Strategien auf das Ende unserer Zivilisation vorbereiten.
Ben, ein Journalist, ist von den andauernden Krisen, über die er berichtet, erschöpft. Er beschließt, von Berlin nach London, Kansas, Norwegen und schließlich zum Chicxulub-Krater in Mexiko zu reisen, dem Epizentrum des ultimativen Verlustes. Dort will er von denen lernen, die sich auf soziale und ökologische Zusammenbrüche vorbereiten – ob man sie nun Prepper, Doomer oder Bunkerbewohner nennt. Die „Collapse-Community“ ist weit größer, als Ben ursprünglich dachte. (Quelle: epd-film.de)
🎬 Johnny Express
Über das Kurzfilmfestival Shorts Attack bin ich auf diesen supersweeten Kurzfilm gestoßen. Wenn man so will eine beißende Parabel, was Liefergiganten wie Amazon, AliExpress oder Temu mit unserem Planeten anrichten.
📖 Der kategorische Imperativ ist keine Stellung beim Sex (Horst Evers)
Horst Evers erzählt Geschichten aus dem Hier und Jetzt. Er entwickelt Sportarten, deren Ausübung man vor dem eigenen Körper geheim halten kann, lässt sich online massieren, reist zur wahrscheinlich unspektakulärsten Sehenswürdigkeit der Welt und unterzieht Kants kategorischen Imperativ dem Praxistest.
Nett. Sehr nett. Sofort weiterverschenkt.
📖 Oona & Salinger (Frederic Beigbeder)
Oona O’Neill, Tochter eines wahnsinnig berühmten Schriftstellers und später Ehefrau von Charlie Chaplin, hatte als Teenagerin ein Techtelmechtel mit J. D. Salinger. Beigbeder verwebt in seinem Buch biografische Fakten über diese Begegnung mit selbst ausgedachten Episoden. Auch Salingers Zeit als Soldat im zweiten Weltkrieg wird eindrücklich geschildert. Eine gelungene Mischung aus Roman, Biografie und Zeitdokument.
Oonas Tochter Geraldine Chaplin und deren Tochter, die wiederum Oona Chaplin heißt, spielen übrigens in „Anker der Liebe“, siehe Kultur-Buchhaltung 2022.
📖 Die Geschichte des Fahrstuhls (Andreas Bernard)
Als ich Anfang des Jahres Bernards Buch über Reproduktionstechnologien las, war ich so begeistert, dass ich dachte: von dem Typ würde ich Sachbücher über egal-was lesen. Eine Abhandlung über Fahrstühle zum Beispiel.
Die ist ein ebenso unterhaltsames Stück Kulturgeschichte, detailreich geschildert und sehr amüsant. Etwa wie Menschen sich anfangs sehr ernsthafte Gedanken darüber gemacht haben, ob man im Fahrstuhl eigentlich schon „drinnen“ ist im Gebäude, oder ob das eher noch als „draußen“ zählt; sprich: ob der Herr im Aufzug den Zylinder abnimmt oder nicht.
Auch die Parallele, dass Menschen einst Angst vor dem Fahrradgesicht hatten, später die Eisenbahnfurcht, dann die Angst vor Fahrstuhlübelkeit, und die Verrenkungen, die die Menschen machten, damit „alle Körperteile gleichzeitig auf dem gewünschten Stockwerk ankommen“. Und heute haben wir Angst vor WLAN und 5G. Klar, klingt aus der heutigen Perspektive nach einem schrägen Vergleich – mal schauen, über welche unserer Eigenheiten die Menschen in 100 Jahren so schmunzeln werden.
🎬 Kleptomami
Ein sehr lustiger und teils drastischer (aber auch nicht komplett aus der Luft gegriffener) Film darüber, was einem so alles übers Muttersein verschwiegen wird, bevor man selbst Kinder hat.
(Zum Anschauen braucht es einen Sooner-Account, man muss jedoch kein Abo abschließen. Mit dem Weekend-Pass hat man wochenends einmalig Zugriff auf das komplette Angebot)
📖 Je Türenknall, desto wiederkomm (Kathrin Passig)
Eine weitere Kolumnensammlung. Wie immer höchst vergnüglich und gleichzeitig zum Nachdenken anregend. Hier mochte ich z.B. wie Passig alte Überzeugungen immer wieder systematisch überdenkt und neu einordnet. Der gelassene Blick auf Screentime-Besorgnis im Freundeskreis, ebenso wie auf überzogene Privatsphäre-Bemühungen. Erhellendes über USB-Adapter und zwischenmenschliche Verhaltensadapter und vieles mehr.
🎬 Heinz und Fred
Ein Film über die letzten echten Handwerker im Südharz. Nebenbei ein berührendes Porträt von Elternschaft, und auch ein bisschen philosophisch, so in Sachen „Leben nach dem Tod“. Fein!
🎬 Die Blume der Hausfrau
Die Doku aus dem Jahr 1998 begleitet schwäbische Vorwerk-Staubsaugervertreter bei der Arbeit. Oft weiß man nicht, ob man lachen oder sich gründlich fremdschämen soll. Nett!
🎬 Club Zero
Frau Novak kommt neu als Ernährungsberaterin an ein Eliteinternat. Die Schüler:innen sind sofort Feuer und Flamme, schließlich geht es um wichtige Themen wie Selbstfürsorge, Gesundheit und Klima. Sie manipuliert ihre Schüler so sehr, dass sie ihr in einen extremen Ernährungskult folgen und sich gleichzeitig mehr und mehr dem Einfluss ihrer Eltern entziehen. (Quelle: koki-es.de)
🎬 The room next door
Bestsellerautorin Ingrid erfährt eherbeiläufig von der Krebserkrankung ihrer alten Freundin Martha, einer ehemaligen Kriegsreporterin. Trotz deren labilen Zustands ist zwischen den beiden Frauen schnell wieder eine vertraute Nähe da. Als Martha Ingrid schließlich bittet, gemeinsam mit ihr einige Wochen in einem idyllisch gelegenen Haus in den Wäldern Neuenglands zu verbringen, erklärt diese sich dazu bereit, wohl wissend, dass die unheilbar Erkrankte dort ihr Ende selbst bestimmen will (Quelle: koki-es.de)
Ausblick 2025
Der Jahresend-Bucheinkauf war – wie weiter oben schon zu ahnen war – von einem Thema beeinflusst, dass mich in Kürze wohl etwas mehr beschäftigen wird. Und – Spezial-Suchspiel: wer weit ins Bild hineinzoomt, erfährt noch, welche Band mich in den vergangenen Wochen dank eines Tipps auf Frantastique beglückt hat. Wehe, das Kind mag diese Band nicht!